Microfactory mit Megaeffekten für die Zukunft

VORN – The Berlin Fashion Hub kooperiert mit STOLL und KM.ON bei Leuchtturmprojekt Mehr erfahren
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Die eingetragene Genossenschaft VORN – The Berlin Fashion Hub nutzt drei ADF-Maschinen von STOLL und digitale Lösungen von KM.ON – beides Marken der KARL MAYER GROUP –, um ihre gerade entstehende Microfactory im Berliner Bikini-Haus auszustatten.

Abb.: Bikini Haus in Berlin

Die Plattform soll Akademiker, Marken, Forschungsinstitute, Start-ups und KMU zusammenbringen, damit neue Wege zu mehr Nachhaltigkeit und Ethos entstehen. Das Ziel ist eine Modebranche mit einer positiven Bilanz. Um hierfür vielversprechende Konzepte, Produkte und Prozesse physisch, digital oder hybrid umsetzen und testen zu können, bietet die Pixel-to-Product-Mikrofabrik innovative Hard- und Software-Lösungen.

“Wir freuen uns, bei dem Projekt zur Fashion Microfactory mit dabei zu sein, weil wir mit unseren Maschinen, die mit ihrer enormen Musterungsflexibilität für eine effiziente Customization prädestiniert sind, und mit unseren digitalen Lösungen, die Lead Times deutlich verkürzen, das Thema ‚Made to order‘ schon seit Langem im Fokus haben und uns neue Impulse und Kontakte erhoffen.”

Michael Händel, Vice President Sales & Service bei STOLL

Die Verträge zur Lieferung der Flachstrickmaschinen wurden am 9. Juli am STOLL-Stammsitz in Reutlingen unterzeichnet. my TEXTILE NEWS-Redakteurin Ulrike Schlenker nutzte den Besuch der beiden Co-CEO von VORN, Prof. Marte Hentschel und Oliver Lange, um mit ihnen über ihr Vorhaben zu sprechen.

Marte Hentschel (links) und Oliver Lange (rechts), die Co-Geschäftsführer von VORN - The Berlin Fashion Hub und Michael Händel, Vice President Sales & Service bei STOLL, nach der Unterzeichnung der Verträge für die Lieferung der STOLL-Maschinen

US: Sie kommen gerade von einer Tour durch das Unternehmen zurück. Welchen Eindruck haben Sie von STOLL?

OL: Ich bin immer noch sehr begeistert. Hier arbeiten tolle, schöpferische, innovativ denkende Menschen, die ihr Unternehmen voranbringen. STOLL „atmet“ deutsche Ingenieurskunst und beweist mit seiner langen Geschichte Kontinuität. Zugleich ist ein großer Pioniergeist zu spüren. Ich erlebe STOLL als einen starken, innovativen, zukunftsfähigen Hersteller mit Unternehmertum und Kreativität. Seine Produktstrategie ist beeindruckend. Mit seinen Maschinen ist STOLL nah am Konsumentenmarkt vieler Bereiche, und damit direkt am Puls der Zeit.

US: Blicken wir auf Ihre Pixel-to-Product-Mikrofabrik. Was wollen Sie damit erreichen?

MH: Wir wurden von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe, Berlin, beauftragt, Design und Fertigung mit technologischen Innovationen und Nachhaltigkeit zusammenzubringen.

Es geht darum, wirtschaftliches Handeln und Verantwortungsbewusstsein erlebbar zu machen, also nicht nur über die erforderliche Nachhaltigkeitstransformation zu reden, sondern aktiv zu werden.

Die beiden Co-Geschäftsführer von VORN, Marte Hentschel und Oliver Lange, sind begeistert von den vielfältigen Flachstrickmöglichkeiten von STOLL, die sogar einen gestrickten Fahrradrahmen umfassen

In unserer Demonstrations-Factory bieten wir einen niedrigschwelligen Zugang zu allem, was hierfür notwendig ist: Maschinen, Software und Dienstleistungen, damit fortschrittliche Akteure ihre Veränderungen auf kurzem Wege pilotisieren und anschließend für den Markt skalieren können. Wir schaffen alle Voraussetzungen für eine schnelle, marktnahe und preisbewusste Umsetzung von Kleinserien. Dies spart Lager-, Material- und Retourenkosten, reduziert Umweltbelastungen und sorgt für resilientere Lieferketten als Antwort auf die Herausforderungen unserer Zeit. Zudem bietet die Produktion „direct to the Customer“ spannende Margen und Marketingchancen – alles Vorteile, die unsere Pixel-to-Product-Microfactory insbesondere für Marken interessant macht. Um sie voll nutzen zu können, arbeiten wir mit innovativen Partnern aus der gesamten Wertschöpfungskette zusammen, vom Garnlieferanten bis zum Retailer.

US: Unter den Partnern ist auch STOLL – warum?

MH: Wir haben die gleiche Vorstellung von Kooperation und wollen mit Mut, Kraft und Neugier die Dinge weiterentwickeln.

OL: STOLL möchte wie wir die Zukunft aktiv mitgestalten und setzt hierfür auf Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Wir glauben an dieselben Dinge und treiben sie auf dieselbe Weise voran.

MH: Neben dem gemeinsamen Wertekanon haben uns die Flachstrickmaschinen des Unternehmens überzeugt. Sie bieten interessante Möglichkeiten für die wirtschaftliche Fertigung von Kleinserien, insbesondere hinsichtlich einer lokalen Fertigung in Echtzeit nahe am Markt und von Produkten ready to use, also nahezu ohne Abfall. Damit passen sie perfekt in unser Konzept. Zudem wollen wir für die Skalierung der Fabrikate aus der Mikrofabrik auf Industriemaßstab die Kunden von STOLL in unser Netzwerk integrieren.

US: Die Maschinen sollen im August aufgestellt werden. Was sind die weiteren Schritte?

MH: Die Eröffnung der Mikrofabrik ist für Oktober geplant. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Derzeit statten wir die Räumlichkeiten im Bikini-Haus aus. Das Ziel ist keine konventionelle Produktionsstätte, sondern eine Concept Hall, ein gläsernes Labor, das mit seiner Innenarchitektur die Produktionstechnologie der Zukunft für Auftraggeber und Endkunden sichtbar macht. Der neue Workflow aus virtueller Gestaltung, Verkauf, Bezahlung und Fertigung nach Bedarf in Echtzeit soll erlebbar werden.
Neben der Innenausstattung terminieren wir Schulungen für unsere Belegschaft, arbeiten an einigen Programmen, u. a. angewandte F & E-Aktivitäten betreffend, und treiben die Pilotisierung mit Herstellern und Studios voran. Erst zur letzten Fashion Week Berlin haben wir zwei Outfits des Labels SE 1 OG vorgestellt. Zur nächsten Modewoche wollen wir die Eröffnung der Mikrofabrik feiern – mit der Live-Fertigung von Give-aways, die Gäste individuell konfigurieren können.

Zudem führen wir Gespräche mit dem Senat über die Weiterführung der Zusammenarbeit Ende 2025, nach dem Auslaufen der Co-Finanzierung. Unser VORN-Fashion-Hub ist eine langfristige Initiative, hinter der politisches Commitment und ein großes öffentliches Interesse stehen.

US: Konzepte einer On-Demand-Produktion individualisierter Artikel mit der Losgröße 1 sind nicht neu, aber eine Herausforderung. Adidas hat sein Projekt Speedfactory 2020 eingestellt. Was machen Sie anders, um erfolgreich zu sein?

MH: In den letzten Jahren hat sich vieles verändert. Wir verfügen heute über die Möglichkeiten einer vollkommen neuen Technologiegeneration. Hard- wie Software-Lösungen werden mit einer enormen Power neu und weiterentwickelt. Die Software-Angebote der CREATE-Familie von KM.ON beispielsweise bieten vielfältige Potenziale für die Produktion von Strick-Kollektionen on demand. Ein Set von Modifikationsmöglichkeiten macht eine einfache, wirtschaftliche Mass Customization möglich. Zudem zwingt die Krise im Handel die Retailer zu neuen Konzepten und Anbietern. Berlin ist ein gutes Pflaster für den erforderlichen Aufbruch. Darüber hinaus setzen wir auf Erfahrung. Wir arbeiten eng mit dem Team, das das Adidas-Projekt begleitet hat, zusammen und profitieren von dem Gelernten. Auch liegt unser Fokus nicht auf einer Losgröße-1-Produktion. Vielmehr wollen wir, nach dem Vorbild der Innovationslabore in Amsterdam und London, alles bieten, damit Marken, Retailer und Designer Kleinserien in kurzen Projektzeiten und mit hoher Sichtbarkeit auf den Markt bringen können. Damit schließen wir die Lücke zwischen langwierigen Vorhaben mit akademischen Institutionen und einer Massenproduktion mit hohen Stückzahlen.

US: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch und viel Erfolg bei Ihrer weiteren Arbeit!

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